Statistische Versuchsreihen

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Statistische Versuchsreihen werden durch den Zufall erst verlässlich. „Zu mancher richtigen Entscheidung kam es nur, weil der Weg zur falschen nicht frei war.“ So beschrieb Hans Krailsheimer den Zufall. Er konnotierte ihn als durchaus etwas Positives. Heinrich Heine allerdings war sich sicher, dass alles in der Welt durch Zufall und Ermüdung ende. Beide Sichtweisen haben etwas für sich. Krailsheimer war vielleicht Statistiker und Heine Ingenieur. Denn in der Statistik ist der Zufall ein wichtiges und sehr belebendes Moment, der sogar der Ermüdung beim Ingenieur ein Beinchen zu stellen vermag.

Erst der Zufall macht doch die Ergebnisse bei statistischen Versuchsreihen verlässlich! Und je weniger Daten wir haben, desto besser. Pharmaindustrie, Werkzeugbau, Materialforschung oder auch Automobilindustrie haben durchaus Bedarf an möglichst wenigen Daten. Es gibt sie noch die Small Data Nerds, eben bei den statistischen Versuchsreihen.

Stellen Sie sich vor, sie möchten eine Brücke bauen. Sagen wir über den Rhein. Die Brücke soll aus Stahl sein. Um herauszufinden, welcher Stahl der Beste ist, der billige aus China oder der teure aus Deutschland, lassen Sie sich 5 LKW Stahlklötze à 5 Meter Länge einmal aus China und dieselbe Menge aus Essen direkt in Ihren Garten schicken und beginnen zu experimentieren. Sie haben dafür 3 Wochen Zeit eingeplant, immer abends ab 20 Uhr. Sie führen Ihre Versuche nach Plan durch und sind sich sicher: Der Essener Stahl ist der beste. Sie bauen dann die Brücke und nach einem Jahr zeigen sich erste Risse, nach einem weiteren fällt die Brücke zusammen. Was ist geschehen? Sie haben sich doch an die weithin anerkannte Auffassung gehalten, dass in einem Experiment alle Faktoren berücksichtigt werden müssen, die relevant für das Ergebnis sind. Ja, Sie haben sogar einzelne Faktoren wie die Temperatur und die Windgeschwindigkeit mit zwei oder sogar mehr Versuchsschleifen eingebaut. Sie haben den systematischen Ansatz gewählt und dennoch ging er in die Hose.

Die Geister, die ich rief

Sie wollten den Zufall ausschließen, glauben aber nun, ihn angezogen zu haben: zufällig bricht die Brücke zusammen. Immerhin haben Sie bis zur Ermüdung die Versuche wiederholt und wiederholt, doch Sie haben, weil sie nicht daran glaubten, auf Randomisierung verzichtet. Wie hätten Sie auch! In einem kleinen Garten am Rande der Stadt ist das schwer. Auf eine zufällige Anordnung aller Versuchskombinationen mussten und wollten Sie nicht nur aus Platzgründen verzichten. Doch hier wäre er Ihnen zu Hilfe gekommen. Indem Sie die Zuordnung der Legierungen beispielsweise auf die einzelnen Materialstücke bei den Blöcken zufällig verteilt hätten oder indem Sie die Reihenfolge des Auftragens oder die Reihenfolge Ihrer Messungen durch einen Zufallsmechanismus bestimmt hätten, wären die systematischen Effekte nicht verzerrt worden. Hätte hätte hätte.

Also für das nächste Bauprojekt rate ich Ihnen, dass Sie sich von einem unabhängigen Zufallsmechanismus leiten lassen. Der sollte softwaregetrieben sein, denn ich glaube nicht, dass Sie so viel Zeit haben, um die richtigen Algorithmen zu entwickeln. Warum das Rad auch neu erfinden, wenn es schon längst rollt?

Ich stelle mir gerne die Sprachlosigkeit zwischen den Heines dieser Welt und den Krailsheimern dieser Welt vor. Der Ingenieur (Heine) plant die Versuchsanordnung und dann kommt der Krailsheimer (Statistiker) mit seiner Randomisierung an. Und siehe da: Krailsheimer berechnet eine zufällige Zuordnung, die zum selben Ergebnis wie die von Heine führt. Aus So können wir das ja offensichtlich nicht machen (Ingenieur) wird dann So müssen wir es machen (Statistiker).

Fazit: Meistens versuchen wir im Leben, den Zufall auszuschalten. Wir wollen unser Leben kontrollieren. Da gehört kein Zufall hin. Auch die meisten Anwendungen der Statistik zielen ja darauf ab, die Wahrheit trotz zufälliger Störeffekte zu erkennen. Ausnahme ist eben die statistische Versuchsplanung. Die zufällige Kombination verschiedener Faktoren stellt eine der Grundprinzipien experimentellen Arbeitens dar. Ohne Randomisierung sind Experimente nicht sinnvoll. Da man aber bei Experimenten auf die unterschiedlichsten fachlichen Gegebenheiten stößt, gibt es auch unterschiedliche Möglichkeiten der Randomisierung. Das aber in einem nächsten Blog…..

Lassen sie den Zufall zu Ihrem Vorteil wirken. Diskutieren Sie mit mir hier an dieser Stelle.

Ihr Bernd Heinen!

Post Scriptum (PS)

Eine kurze Erklärungen zu systematischen Einflüsse und wie Sie diese durch den Zufall durchbrechen könnten: Mit der Zeit ändert sich auch das Wetter. Haben Sie zum Beispiel mit dem Experiment im Spätsommer bei warmen Temperaturen begonnen, müssen Sie die letzten Versuche mit Ihrem chinesischen Stahl bei kalten frühherbstlichen Temperaturen gemacht haben. Bei zufälliger Anordnung müssten Sie den Stahl dann im Garten horten und in zufälligem Wechsel mal den chinesischen und dann wieder den aus Essen testen.

Tags Statistik
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Bernd Heinen

Sr Systems Engineer JMP

Mehr Informationen über JMP finden Sie hier: www.jmp.com/de

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